Der Name Goppenstein wird 1474 in einer Erkunde im Zusammenhang mit dem Bleiabbau im Lötschental das erste Mal erwähnt. Bekannt war der Ort, welcher als Maiensäss diente, wohl schon vorher. Im Schuttkegel des Rotlauibachs fand man ein Armband, welches auf die Bronzezeit (ca. 3000 v. Chr.) datiert wurde. Das beweist natürlich nur, dass bereits damals Menschen hier vorbei kamen. Ob Goppenstein als Ort schon damals bekannt war, kann nicht bewiesen werden. Die rostigen Felswände dürften aber schon früher aufgefallen sein.
Die erste offizielle Erwähnung Goppensteins erfolgt im Zusammenhang mit dem Bergbau. Lange Zeit war Goppenstein denn auch für das dortige Bergwerk bekannt. Viele Bergleute versuchten am Roten Berg mehr oder weniger erfolgreich Blei und Zink abzubauen. Jahrhundertelang gab es neben dem Bergwerk nur ein paar Alphütten. Die Wiesen in Goppenstein dienten als Maiensäss. Für die Bergwerksarbeiter wurde 1741 die erste Kapelle errichtet.
Das Lötschental war lange Zeit nur über einen schmalen Saumpfad mit dem Rhonetal verbunden. Ca. 1845 wurde, um das Erz aus dem Bergwerk günstiger transportieren zu können, der Saumpfad ausgebaut. Eine richtige Strasse ins Lötschental wurde erst ca. 1920 erstellt. Noch bevor die Eisenbahn Goppenstein erreichte, wurde das Wasser der Lonza für die Stromerzeugung genutzt. Dazu wurden in mehreren Etappen Stollen von Goppenstein bis Steg in den Fels getrieben.
Die Entstehung eines Weltkonzerns
Aufgrund des Mangels an Kohle wurden im Wallis ab 1890 die ersten Wasserkraftwerke errichtet. Auch die durchs Lötschental bis nach Gampel fliessende Lonza bot sich als idealer Wasserlieferant zur Stromerzeugung an. 1897 wurde hierzu eine Interessengemeinschaft für die Nutzung der Wasserkraft der Lonza gegründet. Schon kurz darauf wurde die Konzession vergeben und zur Herstellung von Calciumcarbid und Acetylen die Lonza Elektrizitätswerke in Gampel gegründet.
Noch im selben Jahr begann der Bau am ersten Kraftwerks „Gampel I“. Der Bedarf an elektrischem Strom nahm jedoch rasch zu, weshalb die Leistung bald nicht mehr reichte. Bereits 1899 wurde deshalb mit dem Bau des Kraftwerks „Gampel II“ begonnen. 1904 wurde schliesslich die Konzession für den Bau des Kraftwerks „Gampel III“ erteilt. Der Bau erfolgte jedoch erst während es zweiten Weltkrieges. 1909 reichte der Platz für einen weiteren Wachstum nicht mehr aus und die Lonza Elektrizitätswerke zügelten nach Visp. Aus der kleinen Firma am Eingang des Lötschentals ist heute ein weltweit tätiger Chemiekonzern geworden.
Der Tunnelbau
Als man sich entschied, das Südportal des neu zu bauenden Lötschbergtunnels in Goppenstein zu erstellen, begann der Wachstum Goppensteins. Für die die Arbeiter, welche oft mit der ganzen Familie anreisten, mussten jede Menge Gebäude erstellt werden. Es entstanden Wohnhäuser, Restaurants und Geschäfte. Auch eine eigene Post war nötig. Für die Kinder wurden Schulen erbaut. Die Arbeitersiedlung zählte teilweise bis zu 3500 Menschen, weshalb Goppenstein zum zweitgrössten Ort im Wallis wurde.
Damit die neuen Bahnanlagen in einer Ebene erbaut werden konnten, wurden grosse Teile der Wiesen mit Ausbruchmaterial aufgefüllt. Zum Schutz des Dorfes und des neuen Bahnhofs wurden über 200 Verbauungen bis in eine Höhe von 2500 Meter erbaut. Doch auch die neuen Verbauungen konnten nicht verhindern, dass 1908 ein grosser Lawinenniedergang eine Unterkunft zerstörte und 11 Menschen tötete.
Noch bevor die neue Bahnstrecke fertig war, verschwanden der grösste Teil der Gebäude wieder. Die meisten wurden abgerissen oder abgebrannt. Für die Bahnarbeiter wurden neue Wohnhäuser gleich beim Bahnhof erstellt.
Vom Saumpfad zur Kantonsstrasse
Auch nach der Eröffnung der Lötschbergstrecke war Goppenstein und da Lötschental nur über einen Saumpfad erreichbar. Doch das Lötschental zog immer mehr Touristen und Sommerfrischler an. So plante man den Bau einer Bahnlinie von Goppenstein nach Blatten. Doch die Bahn wurde nie gebaut. Stattdessen wurde 1920 mit dem Bau einer Strasse nach Goppenstein und weiter ins Lötschental begonnen. Für den Strassenbau wurde die bisher frei fliessende Lonza teilweise kanalisiert und überdeckt.
Der Bau der Strasse dauerte bis Ende der 1930er Jahre. 1926 wurden erstmals auf Güterwagen verladene Autos durch den Lötschbergtunnel befördert. Da die Strasse Goppenstein noch nicht erreicht hatte, wurden die Autos erst in Brig abgeladen. Der Autoverlad in Goppenstein begann 1946, mit dem einer ersten Verladeanlage. Der Autoverlad war ein so grosser Erfolg, dass die Verladeanlage in den 1970er Jahre ersetzt werden musste.
Für den Neubau der Verladeanlage, sowie den Ausbau der Strasse, musste 1974 die inzwischen 260-jährige Kapelle abgerissen werden. Stattdessen wurde beim Bahnhof eine neue Kapelle gebaut. Die Strasse zwischen Goppenstein und Gampel wurde in den folgenden Jahren massiv ausgebaut. Für den besseren Schutz wurden diverse Galerien erstellt. Herzstück war der neue, 2.39 Kilometer lange Mittaltunnel. Dieser wurde 1985 eröffnet. Die bisherige Strasse, wurde anschliessend nicht mehr benötigt und wurde zum Fahrradweg degradiert.
Doppelspur und Hupac-Korridor
Um der steigenden Zahl der alpenquerenden Güterzüge gerecht zu werden, kam in den 1960er Jahre erstmals die Idee eines Basistunnels am Gotthard auf. Für die Lötschbergstrecke sah man den Ausbau auf durchgehende Doppelspur vor. Diese Arbeiten starteten 1977 und dauerten bis in die 1990er Jahre.
Sämtliche Tunnel auf der Strecke waren schon für einen Ausbau vorbereitet und mussten nur noch komplett ausgebrochen werden. Zwischen Goppenstein und Hohtenn wäre dies jedoch mit enormem Aufwand verbunden gewesen. So entschied man sich hier einen neuen, 3298 Meter langen Tunnel, den Mittaltunnel II zu bauen. Der Bau dauerte von 1984 bis 1990.
Für die Doppelspur mussten in Goppenstein selber verschiedene kleinere Tunnel und Schutzgalerien angepasst werden. Der grösste Teil machte hier der neue Lonzviadukt aus, welcher direkt an den alten Viadukt gebaut wurde. Die durchgehende Doppelspur wurde schliesslich am 8. Mai 1992 eröffnet.
Ab 1994 folgte bereits der nächste grössere Umbau der Lötschbergstrecke. Mit der Zunahme von immer grösseren Lastwagen und dem Verlagerungsziel der Politik, musste eine Lösung gefunden werden, um die LKW mit einer Eckhöhe von bis zu 4 Meter auf Zügen transportieren zu können. Am Lötschberg wurde hierzu mindestens ein Gleis entsprechend ausgebaut. Der grösste Brocken war hier die Absenkung von einem Gleis im Scheiteltunnel. Das Gleis musste 10 bis 15 Zentimeter abgesenkt und teilweise leicht verschoben werden. Hierzu war immer ein Viertel des Tunnels gesperrt. Die Arbeiten konnten schliesslich 1997 abgeschlossen.
Neuer Tunnel, neue Siedlung
Nach einigem hin und her nahm das Schweizer Stimmvolk 1992 die NEAT an. Diese beinhaltete auch einen Basistunnel am Lötschberg. Mit den geplanten Fensterstollen Mitholz und Ferden sollte der Bau beschleunigt werden. Im Juni 1996 begannen die Vorarbeiten für den Fensterstollen Ferden, welcher ab Goppenstein zum Niveau des Basistunnels führen sollte. Erneut entstand in Goppenstein ein Barackendorf. Dieses war jedoch nicht annähernd so gross wie beim Bau des Scheiteltunnels.
Das Aushubmaterial aus dem Zugangsstollen und später den Tunnelröhren wurde mit Zügen abtransportiert. Dazu wurde eine Zweigleisige Halle erstellt. Ein Teil des Aushubmaterials wurde zu Zement verarbeitet und so wieder in den Tunnel geführt. Nach dem Ende der Ausbrucharbeiten 2005 folgte der Ausbau und die technische Ausrüstung des Tunnels. Diese Arbeiten wurden 2006 beendet. Das Barackendorf sowie die grosse Verladehalle verschwanden wieder und das Gebiet wurde renaturiert. Übrig blieb einzig der Zugangsstollen mit der entsprechenden Zufahrtsstasse.
Goppenstein heute
Nachdem bereits vor ein paar Jahren der Billetschalter geschlossen wurde, wird seit 2017 auch das Stellwerk von Spiez aus ferngesteuert. Entsprechend weniger Personal ist inzwischen noch vor Ort. Die Wohnhäuser wurden dadurch nicht mehr benötigt und inzwischen abgerissen. Einzig ein Wohnhaus der einstigen Eisenbahnersiedlung ist noch vorhanden.
So besteht Goppenstein heute noch aus dem Bahnhof, dem Restaurant, einer Tankstelle und ein paar Ferienchalets. Dauerhaft in Goppenstein wohnhafte Einwohner gibt es nur noch wenige. Als Umsteigepunkt für Wanderer und Skifahrer ins Lötschental hat Goppenstein jedoch heute noch eine grosse Bedeutung.